aus der 20 minuten vom 21.06.2016
Nach Lehrbuch: Schüler sollen Analsex in Theaterstück nachspielen
ZÜRICH. Laut einem Lehrbuch sollen Schüler ein «Puff für alle» bauen oder Analsex nachspielen. Das sorgt für Kopfschütteln.
Das Praxisbuch «Sexualpädagogik der Vielfalt», das in den Kantonen Zürich und Basel für den Sexualkundeunterricht empfohlen wird, sorgt für rote Köpfe. Darin thematisiert werden unter anderem Darkrooms oder Sadomasochismus. Empfohlen wird auch, in einem Theaterstück Praktiken wie Analsex darzustellen. Hilfsmittel für die jungen Schauspieler: Dildos und Vaginalkugeln. Auch sollen die Schüler ein «Puff für alle» bauen, wo sexuelle Praktiken wie der «Blowjob» oder «Cunnilingus» dargestellt werden. Das Unterrichtsmaterial richtet sich an Sekundarschüler, der Kanton Zürich empfiehlt es ab 14 Jahren.
Evaluiert wurde es unter anderem von der Pädagogischen Hochschule Zürich (PHZH). Wie häufig die Empfehlungen tatsächlich von Lehrern umgesetzt werden, weiss man nicht. Fakt ist aber, dass Lehrer die Möglichkeit haben, auf das Material zuzugreifen. SVP-Nationalrat Sebastian Frehner ist empört. «Dieses Buch hat nichts im Sexualkundeunterricht zu suchen, die entsprechenden Kantone müssen es schnellstens aus dem Verkehr ziehen.» Für manche Jugendlichen wären solche expliziten Inhalte normal, doch für andere wäre eine Simulation von Analsex die reinste Tortur, mit Schamfaktor hoch zehn.
Auch Lilo Lätzsch, Präsidentin des Zürcher Lehrerverbands, findet: «Dieses Buch überschreitet eine Grenze.» Sie vertraue aber darauf, dass die Lehrkräfte diese expliziten Praktiken nicht verwenden würden.
Christian Amsler, Präsident der Deutschschweizer Erziehungsdirektorenkonferenz, stellt sich hinter das Buch: «Ich denke, Lehrkräfte und Fachpersonen fürSexualkunde können sehr wohl einschätzen, wann eine Übung angemessen ist und wann nicht.» Auch die Kantone hätten sich bei der Empfehlung wohl etwas überlegt.
«Längst nicht alles ist für die Schule geeignet»
Herr Geiser*, ist das Buch für den Schulunterricht geeignet? Das Buch zeigt Möglichkeiten auf, wie man den Sexualkundeunterricht gestalten könnte. Dabei ist längst nicht alles für den Unterricht geeignet. Wenn man Sexualpraktiken als Pantomimenspiel vorführt, muss dies pädagogisch begründet sein, das ist in der Schule nicht der Fall.
Wieso wird dann dieses Buch empfohlen? Es geht im Buch um sehr viel mehr als Pantomimenspiele und dergleichen, diese sind nur ein kleiner Aspekt. So werden auch die Themen Liebe und Beziehung darin thematisiert, Jugendliche können diskutieren, was Liebe für sie bedeutet, wie sie Machtverhältnisse in Beziehungen erleben, und sie können sich mit verschiedenen Beziehungsmodellen auseinandersetzen. Wo finden denn die expliziteren Beispiele Anwendung? Es gibt ja auch noch ausserschulischen Angebote oder Präventionsveranstaltungen, wo solche Themen aufgenommen werden können. Auch hier müssen die Beispiele aber didaktisch Sinn machen.
*Lukas Geiser ist Dozent fürSexualpädagogik an der PHZH