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Nein zu Frühsexualisierung im Kindergarten – Ja zu Präventionsunterricht durch Polizei

Andreas Gafner
Nationalrat / BE

In meinem letzten Bericht aus Bern ging es um die zunehmende Frühdigitalisierung unserer Kinder und ob diese eine Gefahr darstellt. Der deutsche Hirnforscher Manfred Spitzer hatte hierfür eine ziemlich klare Antwort. Gemäss ihm machen Smartphones unsere Kinder «krank, dumm und süchtig». Etwas, das in den vergangenen Wochen vermehrt auch von sämtlichen Schweizer Medien wie Blick und 20 Minuten aufgenommen wurde. So forderte etwa der bekannte Schweizer Schriftsteller Rolf Dobelli ein Social Media-Verbot für unter 16-Jährige und die Medien berichteten weiter bis hin zur Fragestellung, ob Smartphones aus Schweizer Klassenzimmern verbannt werden sollen.

Ich will in dieser Ausgabe den Bogen ein wenig weiter spannen, nämlich ob Frühdigitalisierung auch gleich Frühsexualisierung bedeutet. Eine Frage, die ich mir angesichts kürzlich publizierter und erschreckender Zahlen der Strafverfolgungsbehörden schon öfters gestellt habe. Wurden im Jahr 2012 erst 83 Jugendliche wegen Pornografie verurteilt, waren es 2018 bereits 419. 2022 überschritt der Wert mit 1024 erstmals die Grenze von 1000 Verurteilungen. Und das dürfte nur die Spitze des Eisbergs sein, denn vielfach gelangt die Verbreitung von illegaler Pornografie gar nicht erst zur Anzeige.

Die Waadtländer Polizei hat deshalb der Frühsexualisierung auf dem Pausenhof und im Klassenzimmer den Kampf angesagt und kürzlich zusammen mit der Schweizerischen Kriminalprävention ein Video ausgearbeitet. «Hey, du! Ich beobachte dich und ich weiss, was du gestern getan hast. Du hast einen Porno geschaut. Oh Mann, das ist nicht okay.» So beginnt das dreiminütige Video, das Kinder und Jugendliche vor Gefahren durch legale und illegale Pornografie sowie dem Teilen von Nacktbildern warnen soll.

In besagtem Video warnt eine Stimme den Zuschauer vor dem Konsum von legalen Pornos durch Minderjährige. Gemäss Schweizer Strafgesetzbuch ist nämlich die Weiterverbreitung bei unter 16-Jährigen strafbar. Auch vor den Folgen von Sexting zwischen Minderjährigen – also dem Verschicken intimer Fotos und Videos untereinander – wird im Clip der Kantonspolizei Waadt gewarnt. Wer intime Bilder von sich teile, müsse damit rechnen, dass die Polizei «in deine Schule, in deine Klasse, an deinen Tisch» komme und «dich mitnimmt». Und weiter: «Denk immer dran: Ich beobachte dich, Tag und Nacht. Denn ich bin es.» In der Folge zeigt sich, dass hinter dem Mann mit Bart eine Frau steckt, welche die Rolle der Mutter der angesprochenen Minderjährigen einnehmen soll, die sagt: «Ich will doch nur dein Bestes, Schatz.»

Zugegeben, das Video ist durchaus drastisch und deutlich gehalten. Und es ging auch nicht lange, bis von einer «Expertin für sexualisierte Gewalt und Opferberatung» umgehende Kritik in den Medien kam, dass das Video als «furchteinflössend und auf diversen Ebenen höchst problematisch» sei. Doch wie sollen in Zeiten von TikTok, Snapchat und Instagram und entsprechend immer kürzer werdenden Aufmerksamkeitspannen die Kinder und Jugendlichen erreicht werden? Meiner Meinung nach genau mit solchen Videos, die auf eben jenen Social Media-Kanälen veröffentlicht werden und so die Jugendlichen erreichen. Und Ammenmärchen werden in dem Clip auch nicht erzählt: so fährt mittlerweile die Polizei in Zürich ein- bis zweimal pro Woche bei einem Jugendlichen vor und durchsucht das Haus, frühmorgens, in Anwesenheit von Eltern und Geschwistern, um Beweismittel in Fällen von unerlaubter Pornografie sicherzustellen. Eine Erfahrung, die man keinen Eltern wünscht.

Ich werde in dieser Angelegenheit eine Anfrage an den Bundesrat stellen und möchte wissen, was er gegen die Zunahme von Pornografie-Delikten bei Minderjährigen unternimmt.

Andreas Gafner,
Nationalrat, Oberwil im Simmental (BE)