SVP-Nationalrätin und Mitinitiantin Andrea Geissbühler findet, bei der Sexualkunde sollte alles bleiben, wie es ist.
Was ist das konkrete Ziel, das Sie mit der Initiative «Schutz vor Sexualisierung in Kindergarten und Primarschule» anstreben?
Andrea Geissbühler: Wir wollen verhindern, dass im Vorschulalter eine obligatorische Frühsexualisierung stattfindet, wie das in Basel seit 2011 getestet wird. Es ist die erklärte Absicht aller Fachleute, dieses Konzept landesweit umzusetzen. Das wollen wir nicht. Sexualität ist für Kinder im Kindergarten und in der Primarschule kein Thema und Sache der Eltern. Wird den Kindern bei diesem sensiblen Thema etwas aufgezwungen, nimmt ihr natürliches Schamgefühl Schaden, was verheerend ist. Zudem wäre das Ganze enorm teuer, da es ja unbedingt studierte Sexualpädagogen sein müssen, die den Unterricht erteilen. Dieses Geld können wir uns sparen.
Das heisst, mit dem Sexualkundeunterricht, wie er heute überall ausser in Basel betrieben wird, haben Sie keine Probleme.
Ja. Man soll einfach so weitermachen wie bisher. Sexualkunde ab zwölf Jahren ist offenbar wirklich notwendig, weil sich viele Eltern nicht die Zeit nehmen, mit ihren Kindern über diese Themen zu sprechen.
Warum sind Sie so sicher, dass geplant ist, das Basler Konzept schweizweit einzuführen?
Wir haben in der Kommission viele Experten angehört – und mit einer einzigen Ausnahme hat sich niemand vom Basler Konzept distanziert. Alle fanden, man müsse mit der Sexualkunde unbedingt bereits im Kindergarten anfangen. Darin waren sich das Bundesamt für Gesundheit und alle angehörten Kinder- und Jugendorganisationen einig.
Aber die entscheiden nicht, was an der Schule unterrichtet wird. Das tun die Kantone. Und die sagen, es werde keine Sexualerziehung im Kindergarten geben.
Die Kantone wurden nicht angehört. Es ist unklar, ob andere Kantone das Basler Konzept übernehmen wollen. Wenn sich die Experten in Verwaltung, Fachverbänden und Jugendorganisationen verbünden und dieses Projekt durchdrücken, dann kommt diese Frühsexualisierung. Deshalb ist unsere Initiative so wichtig. Wir müssen diese Entwicklung jetzt stoppen.
Laut dem Bundesrat würde Ihre Initiative grosse Teile des heutigen Sexualkundeunterrichts, an dem auch Sie sich nicht stören, verhindern. Ist die Initiative strenger, als Sie meinen?
Nein. Wer sie richtig liest, merkt, dass wir den Status quo erhalten wollen. Im Kindergarten ist Prävention- weiterhin möglich. Es ist wichtig, den Kindern zu sagen, dass sie nicht mit fremden Leuten mitgehen dürfen oder dass sie Nein sagen sollen, wenn ihnen eine Berührung unangenehm ist. Mehr ist nicht nötig. Man muss keine Geschlechtsteile benennen und berühren, um die Kinder zu sensibilisieren.
Interview: fab
Berner Zeitung vom 4. März 2015.