Niederrohrdorf Bildungsdepartement sagt, die gesetzlichen Vorgaben seien erfüllt VON FABIAN HÄGLER Seit dem Schuljahr 2009/10 gibt es an der Kreisschule Rohrdorferberg für die 5. Klassier obligatorischen Sexualkunde-Unterricht. Für Sebastian Frehner, SVP-Nationalrat aus dem Kanton Basel-Land und Co-Präsident der Initiative «zum Schutz vor Sexualisierung in Kindergarten und Primarschule» ist dies ein Skandal: «Die Sexualkunde in Niederrohrdorf ist illegal. Die Androhung, der Unterricht sei obligatorisch, ist zudem rechtsmissbräuchlich», hält er in einer schriftlichen Reaktion auf den Artikel in der az vom 9. Dezember fest. Frehner verweist auf einen Entscheid des Bundesgerichts im Zusammenhang mit den Sex-Boxen in Basel. Dieser fiel aus seiner Sicht negativ aus, die Richter lehnten Beschwerden von zwei Familien ab, die ihre Kinder vom Sexualkundeunterricht dispensieren wollten.
Bundesgericht setzt Leitplanken Dennoch sieht Frehner im Urteil aus Lausanne mehrere Punkte, die seine Meinung stützen. Laut dem Bundesgericht sei Sexualkundeunterricht «nur bei Vorliegen einer gesetzlichen Grundlage erlaubt», schreibt der SVP-Nationalrat und Jurist. Und weiter: «Wird die Sexualkunde nur im Lehrplan erwähnt und nicht im formellen Schulgesetz, so ist nur reaktiver Unterricht im Sinn der Beantwortung von Fragen erlaubt.» Verboten sei hingegen ein systematischer Sexualkundeunterricht. Frehner kritisiert, im Fall von Niederrohrdorf sei die Sexualkunde weder im Schulgesetz, noch im Lehrplan ausdrücklich erwähnt. Die obligatorischen Sexualkundelektionen für die 5.
Klässler seien deshalb unzulässig. «Gesetzgeber und Exekutive des Kantons sind gefordert, die Rechtmässigkeit des Unterrichts wieder herzustellen», fordert Frehner. Schuldepartement bleibt locker Doch das Departement Bildung, Kultur und Sport (BKS), dem mit Alex Hürzeler ein Parteikollege von Frehner vorsteht, sieht keinen Flandlungsbedarf. «Wir sind auch nach dem Bundesgerichtsurteil der Meinung, dass der Sexualkunde-Unterricht in Niederrohrdorf zulässig ist», sagt Simone Strub, stellvertretende Kommunikationschefin. Es handle sich nicht um institutionalisierten Unterricht mit fixen Lernzielen. Die Schulen am Rohrdorferberg hätten diesen Weg gewählt, um den Kindern das Thema altersgerecht zu vermitteln und ihre Fragen zu beantworten.
«So ist die Vorgabe des Bundesgerichts erfüllt, dass Sexualkunde reaktiv vermittelt werden muss und ein systematischer Unterricht auf dieser Altersstufe nicht erlaubt ist», so Strub. In erster Linie gehe es darum, den Kindern aufzuzeigen, wie sie ihren Körper wahrnehmen und wie sie sich gegen Übergriffe abgrenzen können. Victor Brun, Sektionsleiter der Abteilung Volksschule im BKS, sagte der az schon vor zwei Wochen: «In den Primarschulen und Kindergärten im Aargau findet nur reaktiver Sexualkundeunterricht statt.» Damit verfolge der Lehrplan eine eher defensive Strategie in der Aufklärung der jungen Schüler. Dieser Ansatz habe sich bewährt und bis jetzt keine Entrüstung oder negative Reaktionen ausgelöst, führte Brun aus. Eltern reagierten positiv Arnada Caminada, Schulleiterin der Primarschule Niederrohrdorf, bestätigt dies.
«Als wir die obligatorische Sexual pädogogik einführten, gab es kritische Stimmen aus der Lokalpolitik. Dabei ging es aber weniger um den Inhalt des Angebots, sondern mehr um die Kosten, die von den Gemeinden am Rohrdorferberg getragen werden.» Nur einmal habe sich ein Vater bei ihr gemeldet und kritisiert, sein Sohn komme mit schmutzigen Ausdrücken nach Hause und die Sexualpädagogik verführe die Kinder dazu, mit anderen Sex zu haben. «Ich habe ihn zu einem Gespräch eingeladen und ihm Konzept und Zweck des Angebots erklärt. Schliesslich besuchte sein Sohn den Unterricht und der Vater hat sich nachher sehr bedankt bei uns», sagt Caminada. Ansonsten seien durchwegs alle Eltern dankbar für das Angebot, «negative Rückmeldungen gibt es keine».
Dispensationsgesuche seine bisher keine eingegangen, erklärt Caminada. Wie würde sie auf ein solches Gesuch reagieren? «Ich würde das Gespräch suchen und den Eltern aufzeigen, was sie ihrem Kind vorenthalten, wenn sie dieses von der Sexualpädagogik dispensieren lassen möchten», sagt die Schulleiterin. Dispensationsgesuche müssten im Einzelfall genau angeschaut werden. «Ich habe aber keine Angst, dass nach der Kritik von Herrn Frehner nun viele Eltern ihre Kinder von der Sexualpädagogik dispensieren lassen», sagt sie. Braucht es Sexualkunde in der 5. Klasse? Diskussion auf www.
aargauerzeitung.ch INITIATIVE GEGEN FRÜHSEXUALISIERUNG Das würde ein Ja zur Initiative ändern ebastian Frehner (SVP, Basel- 2. Die externe Fachperson müsste Land) ist Co-Präsident der Ini- den Sexualkunde-Unterricht an die tiative «zum Schutz vor Sexua- Klassenlehrerin abtreten – damit lisierung in Kindergarten und Pri- garantiert wird, dass nach dem Untermarschule». Er hofft trotz Ableh- rieht noch eine Vertrauensperson da nung durch den Bundesrat auf ein ist, die den Eltern Auskunft gibt. Ja und erklärt, was dann in Niederrohrdorf geändert werden müsste. 3.
Wenn die externe Fachperson Biologie erteilen darf, könnte sie ab dem 1. Der Unterricht dürfte nicht 12. Altersjahr «wertneutral über Fortobligatorisch sein, er könnte aber Pflanzung und Entwicklung und z.B. bereits ab dem 9. Altersjahr auf über die Gefahren der sexuell überfreiwilliger Basis erfolgen.
Aargauer Zeitung, 19.12.14